Donnerstag, August 24, 2006

Unterm grass


Selten gab es einen solchen aufschrei der puristen, wie bei dem bekenntnis von günter grass zu seiner fünfmonatigen mitgliedschaft in der waffen-ss. Sicher war es ausgeklügeltes politisches kalkühl des 15jährigen, das ihn dazu bewog, dieser nazi-elitetruppe beizutreten. Zumal sich dieser schritt in späteren zeiten auch noch gut vermarkten lassen würde.
Ein aufschrei ging durchs land. Journalisten wie Joachim Fest sprachen von einer "tiefer verstrickung" in den nazistaat, was entweder von seiner dummheit oder akuten böswilligkeit zeugnis ablegt. Nun gut, Deutschlands vorzeigemoralist hat einen kleinen fleck auf der blütenweißen weste, was mich allerdings nicht davon abhält, seine bücher nicht zu lesen. Ich konnte es schon früher nicht und werde jetzt auch nicht damit anfangen. Nun werfe aber derjenige den ersten stein, der in seinem leben noch nie unmoralisch gehandelt hat. Allerdings bitte nicht auf mich.
Grass bekenntnis zu seinem frühen fehltritt nehmen stande pede auch andere sünder zum anlass, mit ihrer seele frieden zu schließen. Angela Merkel gab jüngst zu, mehrmals ein rotes Pionierhalstuch getragen und mindestens zweimal gut hörbar "Immer bereit" gesagt zu haben. Wolfgang Tiefensee gestand daraufhin, einmal mit dem fahrrad auf dem bürgersteig erwischt worden zu sein, so dass er 5 (damals noch mark) zahlen musste. Sofort wurden auch hier rufe nach einem rücktritt lauf, denn wie kann jemand verkehrsminister sein, der ein solches vorstrafenregister aufzuweisen hat.
Und nun gehe jeder in sich, denn erst wenn alle verfehlungen öffentlich gebrandmarkt und gesühnt worden sind, können wir in den genuß der kollektivunschuld kommen. Deutschland heilig vaterland.

Samstag, August 19, 2006

Vom kampf mit das deutsch


Nichts erhitzt die gemüter mehr als die art und weise der geschriebenen deutschen sprache. Nach der ersten reform, die einen avantgardistischen scharm versprühte, als wäre sie von Beckstein persönlich verfasst worden, folgte alsbald die reform der reform. Um die verwirrung komplett zu machen, wurde die zweite neuerung teilweise zurückgenommen und die erste mit kleinen änderungen wieder in kraft gesetzt.
Schnell kommt dabei die frage auf, was das ganze soll? Wie könnte man die deutsche sprache einfacher gestalten. Braucht man denn zum beispiel überhaupt Fragewörter? Und wenn ja, dann wieso, warum und wobei? Oder könnte man nicht einfach ein paar überflüssige wortarten abschaffen? Mal hand aufs herz: Der geneigte leser überlege sich bitte jeweils ein beispiel für ein Interrogativpronomen, ein transitives Verb oder, etwas schwieriger, für ein Onomatopoetikum. Kein mensch braucht eine wortart, deren name auch beim dritten versuch noch nicht flließend über die lippen kommt. Man könnte auch alles klein, ohne komma und zusammen schreiben, dennsolässtsichzumindestvieleinfachertippen.
Die diskusion über die rechtschreibung endet, wie sollte es anders sein, schnurstracks in autonomen rechtschreibclubs, die für die beibehaltung der alten normen kämpfen. Mit slogen wie "Trenne nie ST, sonst tue ich dir weh!" oder "Du trennst das wort zwischen CK ab, sonst schneide ich dir ins ohrläppchen!" gehen sie in die offensive.
Doch seien wir mal ehrlich, letztendlich schreibt sowieso jeder, wie er gerade dehnckt.

Mittwoch, August 16, 2006

Google verbietet das googeln


Die anwälte des internetsuchmaschinenbetreibers Google gehen gegen die benutzung des verbes googeln vor. In depechen an alle zeitungsredaktionen wurde dazu aufgefordert, googeln durch die formulierung "ich habe eine google-nachfrage gestartet" oder "mit hilfe einer google-suche durchforste ich das internet" zu ersetzen. Auch das beliebte Wort "chat" steht kurz vor dem aus, denn die erben des legendären tompeters Chet Baker sehen zu große ähnlichkeiten. Ebenso protestiert die zunft der bäkermeister gegen den begriff "iiihh mehl!", da sie umsatzeinbußen befürchten.
So muss es also anstatt "ich habe gegoogelt und gechattet, um eine email-adresse zu finden" richigerweise heißen: "Unter ausnutzung einer textbasierenden zeitgleichen unterhaltung und der initialisierung einer google-suchanfrage über das interent habe ich versucht, eine adresse zu eruieren, um eine elektronische post zu versenden." Na also! Es geht doch. Allerdings sollte man sich immer der gefahr des sozialen ausschlusses und einer eventuellen psychatrischen untersuchung bewußt sein.

Dienstag, August 15, 2006

Auf die plätze, fertig, los!


Wann immer man sportler im TV sieht, die goldbehangen und freudestrahlend in die kamera lächeln, macht sich bei uns ein gewisses ungehagen breit. Erblickt man nicht hinter dem jubelndem schein ein nervöses und schuldbewußtes zucken um die mundwinkel? Soll da vielleicht etwas verborgen und vertuscht werden?
Nun, viel erkennt man allerdings nicht hinter den dichten bartstoppeln bei der 100m-siegerehrung der damen. Auch dass sich delta- und trapezkuskeln wölben wie beim einen schwergewichtsringer ist wohl eher dem zufall bzw. dem intensiven training zu verdanken. Auch die vielen spritzen und anabolikafläschchen, die links und rechts neben der laufbahn liegen, und die verbesserung des weltrekordes über 100m um 5 sekunden müssen nicht unbedingt etwas mit der einnahme von unerlaubten mitteln zu tun haben. Die gefahren des dopings will hier jedoch niemand bestreiten. Man stelle sich vor, ein sportler tritt im vollen lauf auf den kleines steroide-fläschchen, dass jemand leichtsinnig weggeworfen hat.
Letztendlich ist es ja auch egal, was die athleten einwerfen, solange wir in der nationenwertung vorn liegen. Sollte dem mal nicht so sein, so müsste natürlich aufs schärfste protestiert werden, denn es geht ja wohl nicht an, dass uns andere nationen, egal ob nun im sport oder doping, überlegen sind. Für dem zuschauer stellt sich letztendlich nur die frage, ob er dem athleten oder der überlegenheit der pharmazeutischen industrie zujubeln soll.